"150 Jahre Gewässerschutz in Deutschland" - Buchtipp vom Mitautor
Das empfohlene Buch erschien 2021 im Erich Schmidt Verlag, Berlin. Es gibt einen historischen Überblick zum Umgang mit der Ressource Wasser, beginnend im alten Rom über das Mittelalter bis heute. Der Titel des Buches referenziert auf die Gründung des deutschen Reichs im Jahre 1871. Von da ab werden die Bemühungen zum Schutz der Gewässer durch wasserrechtliche Vorschriften und deren Umsetzung in Deutschland besonders beleuchtet.
Der Gewässerschutz wird maßgeblich von den jeweiligen gesellschaftlichen Rahmenverhältnissen beeinflusst. Diese können in den betrachteten 150 Jahren wie folgt unterteilt werden:
- 1871 bis 1918 (Zeit ab Reichsgründung bis zum Ende des 1. Weltkriegs)
- 1918 bis 1933 (Zeit von 1918 bis zum Ende der Weimarer Republik)
- 1933 bis 1945 (Zeit von 1933 bis zum Ende des 2. Weltkriegs)
- 1945 bis 1990 (Zeit von 1945 bis zur deutschen Wiedervereinigung)
- 1990 bis heute (Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung bis heute)
Der erste Abschnitt war durch eine vielschichtige und intensive Arbeit zur Etablierung der ersten Wassergesetze der Länder gekennzeichnet.
In der Zeit der Weimarer Republik wurden die erste funktionstüchtige kommunale Kläranlage auf Basis des Belebungsverfahrens (in Essen) und die ersten Anlagen zur Reinigung industrieller Abwässer (Entphenolung von Kokereiabwässern) errichtet.
Im danach folgenden "Dritten Reich" fielen weiterführende Bemühungen wie die Erarbeitung eines Reichswassergesetzes der nationalsozialistischen Kriegspolitik zum Opfer.
Nach dem 2. Weltkrieg trennten sich bekanntlich in Ost- und Westdeutschland die politischen Wege. Obwohl die alte Bundesrepublik und die ehemalige DDR grundsätzlich mit den gleichen wasserwirtschaftlichen Problemen konfrontiert waren, galt diese Trennung auch für die Herangehensweise und die praktischen Schritte im Gewässerschutz.
1990 zeigte sich, dass der westdeutsche Weg der deutlich bessere war. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden deshalb sehr schnell die guten Erfahrungen der alten Bundesländer auch in den neuen Ländern umgesetzt.
Weil es immer auch darum geht, Lehren aus der Geschichte zu ziehen, wurden in dem Buch die unterschiedlichen rechtlichen Regelungen zum Gewässerschutz und deren Vollzug in Ost und West gegenübergestellt.
Beispielsweise setzte man in der alten Bundesrepublik zur Senkung der Abwasserlast in den Gewässern auf das Emissionsprinzip. Danach gelten für alle Abwassereinleiter gleiche Anforderungen, unabhängig davon, wie groß die Vorbelastung des von der Emission betroffenen Gewässers ist.
In der ehemaligen DDR setzte man dagegen auf das Immissionsprinzip. Dabei richtet sich die Höhe der zulässigen Emission des jeweiligen Verschmutzers danach, wie viel Abwasserlast das Gewässer noch aufnehmen kann, ohne dass das ökologische Gleichgewicht gestört oder vorhandene oder beabsichtigte Nutzungen beeinträchtigt werden. Das klingt zunächst auch nicht unvernünftig, führte jedoch in der DDR-Mangelwirtschaft dazu, dass man die „Gratisleistungen der Natur“ in Form der Selbstreinigungskraft der Gewässer schonungslos überforderte.
Mit Blick auf die zukünftige Vermeidung derartiger Fehler werden auch einige Wasserschadstoffhavarien, wie z.B. der Sandoz-Unfall oder die Zschopau-Havarie analysiert.
Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen bilden den Abschluss des Buches.