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Zur Situation der Spree in Berlin
Bevor die Beschreibung der Umfahrt beginnt, ein paar Vorbemerkungen zur wasserwirtschaftlichen Situation der Spree in Berlin.
46 km lang fließt die Spree von Ost nach West durch Berlin. Der Abschnitt vom Dämeritzsee durch den Müggelsee bis zu ihrer Mündung in Berlin-Köpenick wird als Müggelspree bezeichnet.
Anmerkung:
Auch oberhalb des Dämeritzsees wird die Spree als Müggelspree bezeichnet, und zwar beginnend ab Große Tränke (u.h. von Fürstenwalde), wo sie vom Oder-Spree-Kanal abzweigt. Dieser Abschnitt der Müggelspree ist jedoch für motorgetriebene Wasserfahrzeuge gesperrt, somit keine Wasserstraße und daher in Bild 2 auch nicht kilometriert.
In Köpenick mündet auch die Dahme (vgl. Bild 2). Der u.h. der Einmündungsstelle von Müggelspree und Dahme liegende Spreeabschnitt heißt Oberspree, nach dem Abzweig des Britzer Verbindungskanals heißt das Gewässer Treptower Spree, ab dem Landwehrkanal Berliner Spree.
Im Zentrum Berlins bilden die beiden Spreearme die Spreeinsel. Kurz hinter der Weidendammer Brücke mündet von Norden kommend der ursprüngliche Lauf der Panke in die Spree. Nach dem Abzweig am Humboldthafen zum Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal schlängelt sich die Spree durch den Großen Tiergarten, heißt in Charlottenburg Untere Spree und mündet schließlich in Berlin-Spandau in die Havel.
Die Spree ist von ihren Quellen in Sachsen bis zur Mündung 382 km lang. Die Oberhavel ist von der Quelle bis zur Spreemündung mit 165 km deutlich kürzer.
Von 1882 bis 1885 wurde die Spree in Berlin als Schifffahrtsweg ausgebaut. Sie wurde begradigt und in der Innenstadt wurde das Ufer mit Mauern befestigt.
Die zahlreichen Seen im Süden von Berlin stammen aus der Weichsel-Eiszeit und liegen im Berliner Urstromtal. Im Norden von Berlin sind hingegen nur wenige kleinere Seen anzutreffen, denn hier liegt das Barnimer Hochland (Endmoränenbogen).
Die riesigen Retentionsflächen der Berliner Seen bewirken, dass Hochwasser im Oberlauf der Spree in Berlin fast unbemerkt bleibt. Die Differenz der Wasserspiegel-lage zwischen Mittelwasserstand und höchstem Hochwasser beträgt nur wenige Zentimeter.
Trotz des vielen Wassers in den Seen kann es in der Spree besonders in den Sommermonaten zu erheblichem Frischwassermangel kommen. An der letzten großen Messstelle bevor die Spree Berlin erreicht – das ist der Pegel Leibsch im Unterspreewald – wird in trockenen Sommern regelmäßig ein Abfluss von 0 m³ gemessen. Zwischen den existierenden Staustufen ist die Spree dann ein weitgehend stehendes Gewässer.
Wenn dann nach einer längeren Trockenperiode ein Starkregen einsetzt und die Mischwasserentlastungen anspringen, führt das in Teilen der Berliner Gewässer zu erheblichen Problemen mit der Wasserbeschaffenheit. Denn mit der Einleitung von behandlungsbedürftigem Mischabwasser wird der bis dahin in den Gewässern noch verbliebene Rest an Gelöstsauerstoff aufgezehrt und es kann zum Fischsterben kommen. Davon war in der Vergangenheit vor allem der Teltowkanal betroffen.
Zur Entwässerung der Braunkohletagebaue wurden zu DDR-Zeiten erhebliche Mengen an Grundwasser abgepumpt und in die Spree geleitet. Das Wasser aus dem 2.500 Quadratkilometer großen Lausitzer Revier (13 Milliarden Kubikmeter) floss im Lauf der Jahrzehnte größtenteils über die Spree ab, obwohl ein großer Teil davon aus dem Einzugsgebiet der Schwarzen Elster stammte. Seit dem Ende des Braunkohletagebaus steigt der Grundwasserspiegel wieder und bis sich ein neues Gleichgewicht eingestellt hat, fehlt der Spree Wasser.
«Das Grundwasserdefizit in Folge der bergbaubedingten Grundwasserabsenkungen in der Lausitz beträgt 7 Mrd. m³ (davon 2,5 Mrd. m³ für die zu füllenden Tagebaurestlöcher und 4,5 Mrd. m³ zur Wiederauffüllung der entstandenen Grundwassertrichter). Mit dieser Wassermenge könnte eine Großstadt wie Berlin mit 4 Mio. Einwohnern bei einem Verbrauch von 120 L/(E * d) mehr als 40 Jahre lang versorgt werden!»
(Luckner, L.: Lausitz: Sanierung des Wasserhaushalts einer Bergbaufolgelandschaft
Teil 1: Die Lösung des Wassermengen-Problems
wwt Wasserwirtschaft Wassertechnik Heft 3/2006, S. 33-36)
Seit dem Jahr 1997 legen Berlin und Brandenburg Speicherseen an, die einen Mindestzufluss garantieren und damit die Funktion der bereits zu DDR-Zeiten errichteten Stauseen im Einzugsgebiet der Spree unterstützen sollen. Bei Letzteren handelt es sich um die Talsperren Spremberg (Hauptspree), Bautzen (Hauptspree) und Quitzdorf (Schwarzer Schöps), die seinerzeit vor allem zur Sicherstellung der Kühlwasserversorgung der Braunkohlenkraftwerke gebaut wurden.
Wegen ihres sehr geringen Gefälles von ca. 1 ‰ fließt die Spree sehr langsam, durchschnittlich ca. 50 cm pro Sekunde. Zwischen Cottbus und Berlin-Köpenick sind es pro Sekunde nur 17 cm und auf den 46 km durch Berlin beträgt die mittlere Fließgeschwindigkeit nur noch 9 cm/s.
In extremen Trockenperioden kommt es sogar vor, dass die Spree rückwärts fließt. Dann dringt Wasser aus der Havel in die Spree.
Dieses Phänomen wurde zuletzt 2018 und 2019 beobachtet.
Zu DDR-Zeiten trat das Problem des rückwärts gerichteten Fließverhaltens auch mehrfach in der Müggelspree auf. Dies wurde durch die Zuläufe zweier innerstädtischer Nebenflüsse – Wuhle und Erpe – verursacht. Über die Wuhle wurde der Ablauf der – inzwischen stillgelegten – Kläranlage Falkenberg und über die Erpe der Ablauf der Kläranlage Münchehofe in die Spree geleitet. Nach längerer Trockenheit überstieg die Einleitung von gereinigtem Abwasser aus diesen Klärwerken die Zufuhr des normalen Spreewassers aus dem Oberlauf. Es war somit möglich, dass gereinigtes Abwasser in den Müggelsee floss und damit direkt in den Fassungsbereich des Wasserwerks Friedrichshagen vordringen konnte, was immer zu heller Aufregung führte.
Wegen der o.g. Einleitungen mussten zu DDR-Zeiten auch mehrere Flussbadeanstalten entlang der Spree geschlossen werden. Infolge der Erweiterung und Ertüchtigung der Klärwerke und Wegfall von Industrieeinleitungen hat sich inzwischen die Lage aber wieder deutlich verbessert. Nachdem auch der Berliner Osthafen stillgelegt wurde, entwickelte sich in diesem Bereich eine neue Nutzung der Spreeufer. Bekannt geworden sind z.B. die Strandbars an der East Side Gallery und das Badeschiff an den Treptowers. Zunehmend werden auch Überlegungen angestellt, die Spree im gesamten Stadtgebiet für die Naherholung nutzbar zu machen.
Das größte Problem dabei ist, dass im Innenstadtgebiet von Berlin Mischkanalisation vorherrscht und in dem dicht bebauten Stadtgebiet der Platz für Regenrückhaltebecken fehlt. Deshalb muss derzeit bei Regenwetter über die Entlastungsbauwerke verschmutztes Mischabwasser direkt in die Spree eingeleitet werden. Dies geschieht im Jahr bis zu 30 mal. Es sind aber auch Überlegungen im Gange, wie dies geändert werden kann.
Eine Lösung besteht z.B. darin, vor die Mündung einer Regenwasserentlastung schwimmende Regenwasserspeicher auf die Spree zu setzen. Diese würden mit dem Anspringen der Entlastung das behandlungsbedürftige Wasser aufnehmen, zwischenspeichern und nach Abklingen der Niederschläge zurück in das Mischabwassersystem pumpen, so dass es der nächsten Kläranlage zugeleitet werden kann. Derartige Regenwasserspeicher in Form großer Pontons könnten gleichzeitig als Badeplattformen und Gaststätten genutzt werden (Projekt „Spree2011“).So weit einige Vorbemerkungen zur wasserwirtschaftlichen Situation.
Beginnen wir nun die Große Köpenicker Umfahrt. Unsere Runde erfolgt im Uhrzeigersinn, wir starten von der Bootswerft Sturzbecher an der Alten Spree (vgl. Bild 4) und passieren als erstes Gewässer den Gosener Kanal.